Wildes Albanien, schönes Albanien

Aufbruch aus Tepelenë am frühen morgen, wir fahren in Richtung Përmet. Mal wieder auf katastrophalem Asphalt. Und dann der ersehnte Abzweig nach links: Ausschilderung in Richtung Frashër, wir wollen die berüchtigte Strecke von Përmet in den Osum-Canyon nehmen.
Also wieder runter vom Teer, und wir fahren gute 8km auf halbwegs ordentlicher Piste. Der Abzweig nach links, ein kleiner Wegweiser sagt „Skrapar“. Ok, passt. Und mit einem mal geht es sehr steil auf groben Steinen den Berg hoch. De Steine so grob und der Weg so steil, dass wir es stellenweise selbst im 1. Gang nicht mehr schaffen, die Geländeuntersetzung muss her. In unserer albanischen Strassenkarte ist das sogar noch als Hauptfeldweg eingezeichnet. Was bitte ist dann erst ein Nebenfeldweg?

Nach einigen Kilometern erreichen wir den kleinen Ort Raban. Wir fragen nochmal bei einem Bauern nach, ob die Strecke fahrbar ist. Jaja, alles kein Problem mit 4×4. Na dann, wir sind gespannt.
Dann geht es weiter steil hoch, teilweise immer wieder links und rechts Bäume mit dicken knorrigen Ästen, unseren Aufbau zieren nun Dutzende neue Kratzer auf beiden Seiten. Es geht mittlerweile auf knapp 700m hoch, der Abzweig nach Frashër lag noch auf 200m. Und dann erreichen wir langsam den Grat der ersten Anhöhe. Links Berg, rechts 100m Abhang, der Weg 20cm breiter als der Steyr, und bergseitig dank starker Regenfälle der letzten Tage hübsche Erdhaufen. Na toll. Also langsamst und mit höchster Konzentration weiter. Der Steyr bekommt stellenweise hässliche Schräglage in Richtung Abhang, die Hinterachse rutscht immer wieder an den kleinen Edrutschen ab. Wir haben beide 180 Puls. Atmen stellen wir komplett ein. Aber nach ein paar hundert Metern sind wir durch. Durchschnaufen.

Und weiter und immer weiter schaukeln wir uns langsam über die groben Steine. Eine Schiffschaukel auf der Wiesn ist ein Scheißdreck dagegen. Irgendwann erreichen wir Sevran i madh (unser Navi hält das hier allerdings schon für Malindi – verwirrend), und tatsächlich taucht dort das Parkplatzschild und das handgemalte „Camping“ auf und die ältere Dame winkt schon. Der Zwischenstop, den schon die Crew von donnerlaster.de in ihren Reiseberichten beschrieben hat. Wir stellen also ab und kehren bei der Dame ein, die hier oben in dieser grandiosen Landschaft liebevoll eine kleine überdachte Terrasse hergerichtet hat und gleich neben Kaffee ein paar Krapfen mit Honig serviert, dazu selbstgemachten Raki. Alles ist sehr lecker. Verständigung ist schwer möglich, aber trotzdem alles sehr herzlich. Stolz präsentiert sie ihr Gästebuch, das wir voller Neugierde durchblättern und überrascht sind, wieviele Verrückte hier durchkommen, über nicht vorhandene Strassen, die für Einheimische bittere Realität sind, für uns eine Gaudi. Nach donnerlaster und pistenkuh verewigen auch wir uns im Gästebuch, kaufen noch eine Flasche des erstklassigen Raki und setzen vergnügt den Weg fort.

Langsam beginnt der Abstieg, immer wieder kommen uns Einheimische auf Allradfahrzeugen entgegen. Ein demolierter 4×4 steht verlassen in der Gegend. Wo ist der denn runtergefallen?

Kurz vor Çepan begegnen wir auch einem ausgewachsene Kipper. Und schon stehen wir vor der berüchtigten Holzbrücke mit ihrer 4t-Beschränkung. Hm. Links ist die Furt durch den Fluss zwar gut erkennbar. Nach all dem Regen hat der Fluss aber dann doch etwas zu reichlich Wasser, um direkt durchs Flussbett zu brettern. Und der Kipper ist ja ganz offenkundig auch über die Brücke gefahren. Also dann – piano piano über die morschen Holzbohlen.

Geschafft. Nach 3h für etwas über 20km sind wir umso überraschteqr, als wir in Çepan dann auf Asphalt kommen. Wir hatten noch die Information, dass der Teer in Çorovodë endet, aber das ist wohl überholt.

Und dann treffen wir erstmals auf den Osum Canyon. Und vor uns die lange Brücke über die Schlucht. Diesesmal ohne Gewichtsbeschränkung, dafür sehr viel länger, unter uns ein paar hundert Meter Schlucht, und wieder nur morsche Holzbretter. Wieder piano piano, alles knarzt schon hässlich unter unseren Rädern. Dabei sind schon vor uns weiss Gott wieviele LKW über die Bretter gerumpelt und es hat gehalten, dann hält es doch erst recht bei uns. Trotzdem mulmig.
Aber schön, wieder auf Teer zu sein. Links von uns die bis zu 800m tiefe Schlucht des Osum, die der Fluss im Laufe der Erdgeschichte ins Gestein gefressen hat. Immer wieder beeindruckende Ausblicke und hübsche Möglichkeiten zum Verweilen.

Wir erreichen irgendwann den Ort Çorovodë ohne aber anzuhalten. Weiter geht es auf extrem kurvenreicher und hügeliger Landstrasse, immer wieder am Lenkrad kurbeln und im Getriebe rühren, für Gegenverkehr anhalten… ächz. Das Fahren auf der Piste war weniger anstrengend.
Vorbei an Poliçan mit seinen gewaltigen Ruinen der ehemaligen Waffenindustrie, und irgendwann am späten Nachmittag erreichen wir Berat.

Uns scheint, als könnte man hier am Rande der Altstadt gut stehenbleiben zum Nächtigen. Kommt schon einer auf dem Radl an: „Camping?“ Hm. Wo ist das denn? Ja gleich da hinter der Universität. Ja dann schauen wir doch mal, er also auf dem Radl voraus, wir im Laster hinterher. Camping, das ist bei Niko das Parken im Garten vor seinem Gästehaus. Auf Rasen, bei wieder einsetzendem Regen. Nicht ganz günstig, aber egal, es gibt wieder eine Dusche. Wir also rein in den Garten und mit unseren Stollenreifen gleich mal den halben Rasen umgepflügt. Aber für Niko alles „nooo problämm“. Na dann.

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Niko radelt vorweg….