Berat – hübsches Albanien, armes Albanien

Nachdem wir uns bei Niko auf seiner Wiese eingerichtet haben geniessen wir bei einem Abendspaziergang samt Abendessen schonmal erste Eindrücke der Stadt. Quirlig geht es hier zu, lebhaft, die Kneipen alle ziemlich voll, die Stimmung ist ausgelassen. Sehr angenehm.

Am nächsten Morgen starten wir dann zur eigentlichen Besichtigung. Aber nicht, ohne auf nüchternen Magen Nikos Raki probieren zu müssen. Wooohhh, es ist 8 Uhr morgens… Ich hab noch nicht mal Kaffee getrunken – da kann ich keinen Raki trinken. „Nooo problämm… ein bisschen!“. Niko giesst ein. Örghs. Raki zum Frühstück.
Also dann.. Stadtspaziergang. Hübsch ist Berat. Genau wie Gjirokastër UNESCO-Weltkulturerbe, aber deutlich gepflegter und sehr viel besser erhalten. Den Aufstieg zur Burg schenken wir uns hier allerdings, man nenne uns Banausen. Hier gilt: kennste eine kennste alle.

Stattdessen wechseln wir auf die andere Flussseite in den Ortsteil Gorice und kehren dort erstmal auf eine Cola in das kleine Kiosk-Café eines alten Mannes ein. Verständigung – schwierig. Gjermanisht? English? Italiano? Ellinika? Nichts geht. Egal, unsere Cola bekommen wir trotzdem.
Irgendwann kommt ein anderer Mann ins Café, er unterhält sich mit dem Besitzer und wir verstehen nur irgendwann“greqisht“ mit eindeutigem deuten in unsere Richtung. Dann kommt der Mann auf uns zu, spricht uns auf griechisch -mit dem charakteristischen Akzent der albanischen Griechen- an, ob wir griechisch sprechen. Alex bejaht, spricht kurz mit ihm, bittet ihn an den Tisfh auf einen Kaffee. Eine Unterhaltung entwickelt sich, er erzählt, er sei gebürtig aus Sarandë, aber zu kommunistischen Zeiten nach Berat umgesiedelt worden. Nach 1991 sei er hier daran beteiligt gewesen, die orthodoxe Gemeinde des Ortes wieder mit aufzubauen.

Auf die Frage was er arbeitet sagt er: nichts, Arbeit gäbe es hier keine. Im Sommer sammelt er Kräuter die er verkauft, ansonsten leben er und seine Familie weitgehend von Unterstützung durch die Kirche, wo sie auch Essen bekommen. So entwickelt sich das Gespräch weiter, wir erfahrenl dass heute Schulbeginn ist, er aber kein Geld hatte, seinen beiden Söhnen die Schulbücher zu bezahlen. „Und die gehen jetzt dann also in die Schule und haben keine Bücher?“ Ja. Oha. Wir erfahren, die Bücher für beide kosten ca. 60 Euro. Ein Haufen Geld in einem Land, in dem der Durchschnittslohn 300 Euro beträgt.

Kathrin zu Alex: „Du, frag mal wo man die Bücher kauft. Ich will ihm die kaufen.“ Wir erfahren: direkt in der Schule. Wir bieten also an, mit ihm zusammen zur Schule zu gehen und die Bücher zu kaufen. Er reagiert zurückhaktend, aber bedankt sich schonmal. Wir laufen also zu Dritt zur Schule, es ist gerade Schulschluss, seine Frau holt gerade seinen kleinen Sohn ab und wir treffen beide noch. Sie suchen die Klassenlehrerin und finden sie gerade noch, zu fünft betreten wir den Raum, wo die Bücher ausgegeben werden. Ein riesiger Stapel für beide. Süss: Das Deutsch-Buch für die 4. Klasse. „Beste Freunde“.

Sie reden viel mit der Lehrerin, viel verstehen wir nicht, aber den Kasernenhof-Tonfall der Lehrerin nehmen wir durchaus wahr. Aber alles läuft sehr akkurat, alles wird ordnungsgemäss dokumentiert. Derweil wissen der kleine Sohn und seine Mutter gar nicht, wie ihnen geschieht.
Irgendwann heisst es nur, das Geschichtsbuch gibt nicht sie aus, sondern eine andere Lehrerin. Wie uns übersetzt wird schickt sie den Jungen los die andere Lehrerin zu suchen, damit sie in unserem Beisein das Buch ausgeben kann, so dass wir gewiss sind, dass nichts vorenthalten wird. Abermals sind wir positiv überrascht.

Wenigstens haben wir jetzt auch mal eine albanische Schule von innen gesehen. Der Mutter des Kindes ist die Scham, aber auch die Dankbarkeit anzusehen. Wir werden noch auf eine frischgepresste Limonade aus Mandarinen aus dem Garten des bescheidenen Heims eingeladen, so sehen wir auch mal die Seitensträsschen und Hinterhöfe einer albanischen Stadt.

Am Nachmittag dann wieder: Aufbruch. Wir verlassen Berat in Richtung Elbasan, wo wir in erster Linie das gigantische Stahlwerk „Stahl der Partei“ zu Gesicht bekommen, heute nicht viel mehr als eine Brache der Planwirtschaft in gigantischen Ausmassen. Durch die kleine Altstadt von Elbasan schlendern wir auch kurz, bietet aber nichts wirklich interessantes.

Am frühen Abend erreichen wir dann Tirana. Mangels Stellmöglichkeiten in Stadtnähe weichen wir auf die Adresse des Hotel Baron in der Rruga Elbasanit, der Einfallstrasse schlechthin aus. Dort parken wir relativ gemütlich auf dem Hotelparkplatz, palavern mit dem in Tübingen wohnenden Hotelbesitzer, essen gut und trinken einen exzellenten hausgemachten Merlot. Ein guter Tagesabschluss.

Wildes Albanien, schönes Albanien

Aufbruch aus Tepelenë am frühen morgen, wir fahren in Richtung Përmet. Mal wieder auf katastrophalem Asphalt. Und dann der ersehnte Abzweig nach links: Ausschilderung in Richtung Frashër, wir wollen die berüchtigte Strecke von Përmet in den Osum-Canyon nehmen.
Also wieder runter vom Teer, und wir fahren gute 8km auf halbwegs ordentlicher Piste. Der Abzweig nach links, ein kleiner Wegweiser sagt „Skrapar“. Ok, passt. Und mit einem mal geht es sehr steil auf groben Steinen den Berg hoch. De Steine so grob und der Weg so steil, dass wir es stellenweise selbst im 1. Gang nicht mehr schaffen, die Geländeuntersetzung muss her. In unserer albanischen Strassenkarte ist das sogar noch als Hauptfeldweg eingezeichnet. Was bitte ist dann erst ein Nebenfeldweg?

Nach einigen Kilometern erreichen wir den kleinen Ort Raban. Wir fragen nochmal bei einem Bauern nach, ob die Strecke fahrbar ist. Jaja, alles kein Problem mit 4×4. Na dann, wir sind gespannt.
Dann geht es weiter steil hoch, teilweise immer wieder links und rechts Bäume mit dicken knorrigen Ästen, unseren Aufbau zieren nun Dutzende neue Kratzer auf beiden Seiten. Es geht mittlerweile auf knapp 700m hoch, der Abzweig nach Frashër lag noch auf 200m. Und dann erreichen wir langsam den Grat der ersten Anhöhe. Links Berg, rechts 100m Abhang, der Weg 20cm breiter als der Steyr, und bergseitig dank starker Regenfälle der letzten Tage hübsche Erdhaufen. Na toll. Also langsamst und mit höchster Konzentration weiter. Der Steyr bekommt stellenweise hässliche Schräglage in Richtung Abhang, die Hinterachse rutscht immer wieder an den kleinen Edrutschen ab. Wir haben beide 180 Puls. Atmen stellen wir komplett ein. Aber nach ein paar hundert Metern sind wir durch. Durchschnaufen.

Und weiter und immer weiter schaukeln wir uns langsam über die groben Steine. Eine Schiffschaukel auf der Wiesn ist ein Scheißdreck dagegen. Irgendwann erreichen wir Sevran i madh (unser Navi hält das hier allerdings schon für Malindi – verwirrend), und tatsächlich taucht dort das Parkplatzschild und das handgemalte „Camping“ auf und die ältere Dame winkt schon. Der Zwischenstop, den schon die Crew von donnerlaster.de in ihren Reiseberichten beschrieben hat. Wir stellen also ab und kehren bei der Dame ein, die hier oben in dieser grandiosen Landschaft liebevoll eine kleine überdachte Terrasse hergerichtet hat und gleich neben Kaffee ein paar Krapfen mit Honig serviert, dazu selbstgemachten Raki. Alles ist sehr lecker. Verständigung ist schwer möglich, aber trotzdem alles sehr herzlich. Stolz präsentiert sie ihr Gästebuch, das wir voller Neugierde durchblättern und überrascht sind, wieviele Verrückte hier durchkommen, über nicht vorhandene Strassen, die für Einheimische bittere Realität sind, für uns eine Gaudi. Nach donnerlaster und pistenkuh verewigen auch wir uns im Gästebuch, kaufen noch eine Flasche des erstklassigen Raki und setzen vergnügt den Weg fort.

Langsam beginnt der Abstieg, immer wieder kommen uns Einheimische auf Allradfahrzeugen entgegen. Ein demolierter 4×4 steht verlassen in der Gegend. Wo ist der denn runtergefallen?

Kurz vor Çepan begegnen wir auch einem ausgewachsene Kipper. Und schon stehen wir vor der berüchtigten Holzbrücke mit ihrer 4t-Beschränkung. Hm. Links ist die Furt durch den Fluss zwar gut erkennbar. Nach all dem Regen hat der Fluss aber dann doch etwas zu reichlich Wasser, um direkt durchs Flussbett zu brettern. Und der Kipper ist ja ganz offenkundig auch über die Brücke gefahren. Also dann – piano piano über die morschen Holzbohlen.

Geschafft. Nach 3h für etwas über 20km sind wir umso überraschteqr, als wir in Çepan dann auf Asphalt kommen. Wir hatten noch die Information, dass der Teer in Çorovodë endet, aber das ist wohl überholt.

Und dann treffen wir erstmals auf den Osum Canyon. Und vor uns die lange Brücke über die Schlucht. Diesesmal ohne Gewichtsbeschränkung, dafür sehr viel länger, unter uns ein paar hundert Meter Schlucht, und wieder nur morsche Holzbretter. Wieder piano piano, alles knarzt schon hässlich unter unseren Rädern. Dabei sind schon vor uns weiss Gott wieviele LKW über die Bretter gerumpelt und es hat gehalten, dann hält es doch erst recht bei uns. Trotzdem mulmig.
Aber schön, wieder auf Teer zu sein. Links von uns die bis zu 800m tiefe Schlucht des Osum, die der Fluss im Laufe der Erdgeschichte ins Gestein gefressen hat. Immer wieder beeindruckende Ausblicke und hübsche Möglichkeiten zum Verweilen.

Wir erreichen irgendwann den Ort Çorovodë ohne aber anzuhalten. Weiter geht es auf extrem kurvenreicher und hügeliger Landstrasse, immer wieder am Lenkrad kurbeln und im Getriebe rühren, für Gegenverkehr anhalten… ächz. Das Fahren auf der Piste war weniger anstrengend.
Vorbei an Poliçan mit seinen gewaltigen Ruinen der ehemaligen Waffenindustrie, und irgendwann am späten Nachmittag erreichen wir Berat.

Uns scheint, als könnte man hier am Rande der Altstadt gut stehenbleiben zum Nächtigen. Kommt schon einer auf dem Radl an: „Camping?“ Hm. Wo ist das denn? Ja gleich da hinter der Universität. Ja dann schauen wir doch mal, er also auf dem Radl voraus, wir im Laster hinterher. Camping, das ist bei Niko das Parken im Garten vor seinem Gästehaus. Auf Rasen, bei wieder einsetzendem Regen. Nicht ganz günstig, aber egal, es gibt wieder eine Dusche. Wir also rein in den Garten und mit unseren Stollenreifen gleich mal den halben Rasen umgepflügt. Aber für Niko alles „nooo problämm“. Na dann.

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Niko radelt vorweg….

Pässe, Pisten, Plörre

Wir verlassen Himarë weiter auf der SH8 nach Norden in Richtung Vlorë und durchqueren zahlreiche griechische Orte, bis wir endlich den Llograra-Pass erreichen, der als einer der „Top Coastal Drives of the World“ gilt. In unmittelbarer Nähe zum Meer windet sich die Strasse spektakulär auf über 1000 Meter hoch, umringt von schönen Wäldern, und immer wieder der grandiose Ausblick aus der Höhe aufs Meer.

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Llogara-Pass – Über den Wolken….

Ein letztes Mal blicken wir nach Korfu und beginnen den Abstieg nach Orikum, vorbei an der Halbinsel Karaburun, die wir zu gerne mal befahren würden. Wir erreichen unsere erste albanische Grossstadt auf diesem Trip – Vlorë. Die zwar nur zum Transist doch gestaltet sie sich trotzdem schwierig genug. Die Hauptdurchgangsstrasse ist eine einzige Baustelle, und irgendwann leitet uns ein Verkehrspolizist als LKW in eine Umleitung.  Und irgendwie schaffen wir es, mit dem Navi auf engen, ungeteerten Strassen durch Vororte und weichen primär fehlenden Gullideckeln aus. Der zwischenzeitlich wieder einsetzende Regen verwandelt selbst die Stadtdurchquerung in eine Schlammschlacht.

Unser Ziel heisst jedenfalls Tepelenë, also nehmen wir die SH76 in Richtung Südosten – der Asphalt aus grauer Vorzeit und schon entsetzlich zerhämmert.

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allgegenwärtig – Partisanendenmäler

Dafür sollte laut unserer detaillierten und aktuellen Karte von freytag & berndt der Asphalt schon in Vajzë aufhören, wir rollen auf nagelneuem Asphalt weiter bis Sevaster den Berg hinauf. Dann kommt uns im Gegenverkehr ein LKW entgegen, hupt und bleibt stehen. Wir bleiben auch stehen. Alex steigt aus. Der Fahrer des LKW fragt: „Tepelenë?“ Deutet dann auf unseren LKW, schüttelt dabei verneinend den Finger und erklärt mit Zeichensprache ein Problem mit der Höhe. Mist. Wir wussten, dass wir für manche albanische Strecken zu gross sind.Wir fahren noch bis zum Ende des Asphalts in Sevaster. Immer wieder halten Autos an um zu fragen, ob wir ein Problem hätten. Wir fragen uns durch: Tepelenë? Jaja, da lang. Ok, und geht mit Kamion? Gross? Nein nein, gar kein Problem. Wir haben Zweifel. Aber wir versuchen es. Also bei wieder einsetzendem Regen runter vom Asphalt, rauf auf die steile Piste. Steil, schmal, steinig, rutschig. Rechts Berg, links Abhang. Und nach einem halben Kilometer: Endstation. Ein Felsvorsprung verengt den Eselspfad auf Minimalspur. Bei Trockenheit hätten wir es uns -vielleicht- noch gewagt, in Milimeterarbeit um den Fels am Abgrund herumzunavigieren. Bei Regen: no way. Lieber umkehren als tot. Also einen halben Kilometer im Rückwärtsgang zurück. Wenden ist ja nicht. Alex am Steuer, Kathrin zu Fuss  hintendran als Einweiserin. Zum Glück kam der Felsvorsprung auf km 0,5 und nicht km 15….

Die Strecke entlang der Vjosa bleibt uns also leider verwehrt. Also durchfragen bei Einheimischen, und die verweisen uns auf die Piste über Amanicë. Also gut, machen wir, sollten nichtmal 20 km bis zur Hauptstrasse in Vllahinë sein. Rauf auf die Piste, und wir schaukeln uns gemächlich bei Starkregen über die Piste. Toll. Zu Hause 30 Grad und Sonne, wir im Süden fahren derweil durch den Matsch.
Die Landschaft ist jetzt auch nur so mittelspannend, hügelig, aber ohne irgendetwas interesantes. Und irgendwann taucht die erste Ölpumpe am Wegesrand auf. Gefolgt von beissendem schwefeligem Erdölgeruch. Wir sind nun mitten im Ölfeld von Patos-Marinza, das grösste Onshore-ölfeld Europas. Die rostigen Ölpumpen aus grauer sozialistischer Vorzeit. Das schlampige Rohrgerümpel genauso rostig, infolgedessen überall dort, wo Rohre liegen ein schwarzer Ölschleier auf den Gräsern. Nach Grundwasser sucht hier hoffentlich keiner mehr…

In Vllahinë landen wie dann auf der Hauptstrasse SH100. Zumindest laut unserer Strassenkarte. Die zwischenzeitlich von uns gekaufte albanische Strassenkarte ist da ehrlicher. Die unterscheidet nämlich Strassen ohne Belag nach „Hauptfeldweg“ und „Nebenfeldweg“. Was mit wenigen Ausnahmen das gesamte albanische Strassennetz betrifft.
Also weiter auf übel zerfahrenem Schotter mit Regenauswaschungen über eine kurvenreiche Strecke mit viel Auf und Ab, vorbei an einem handgemalten Schild „Route 66“. Äh, what??

Viele Autos begegnen uns hier nicht. Uns begleitet mehr oder minder der stechende Geruch des heavy crude oils, das hier gefördert wird. Vorbei an einem Tanklager auf einer Anhöhe, unter dem sich eine hunderte Meter lange und breite Erdölspur den Berg hinunterzieht, vielleicht infolge eines geborstenen Tanks. In jedem Fall eine Umweltkatatstrophe sondersgleichen.

Und irgendwann sehen wir aus der Kurve einen LKW im Gegenverkehr. Wir warten, und uns kommt entgegen: eine normale Scania-Sattelzugmaschine 4×2, also klassisches Strassenfahrzeug. Auf einer Schotterpiste. Berg hoch. Bei Regen. Mit einem Sattelauflieger voll mit Erdöl. Vollgas, die Hinterräder nur noch durchdrehend, das Fahrerhaus auf der Piste in die Lagerung hämmernd, der Motor heult und brüllt, der Fahrer muss sich sogar am Dachgriff festhalten. Klar, was soll er auch tun hier am Anstieg? Bleibt er stehen, bekommt er die Fuhre hier nie mehr in Gang. Kathrin will Fotos machen und ist starr vor Schock, so wie der Typ den Sattelzug hier hochjagt macht der das eh nicht mehr lang. Das Heulen des Motors klingelt uns in den Ohren. Unfassbar. Wir fahren mit Allrad und durchschnittlichen 8-10 km/h und der…. Aber wie man mit einer Strassenzugmaschine überhaupt hier rumkurvt, und dann ausgerechnet mit dieser Fracht, lässt uns sprachlos zurück.

Irgendwann erreichen wir dann wieder Teer und geben Gas so gut es geht. Es wird langsam dunkel, und Nachtfahrt ist hier sowas von Tabu. Wir erreichen gerade noch so Tepelenë und suchen einen Standplatz für die Nacht. Dabei verursachen wir auf den engen Strassen des Ortes ein halbes Verkehrschaos, weil wir Gegenverkehre lahmlegen, ganze Autokolonnen wegen uns bereitwillig den Rückwärtsgang einlegen. Au weh….

Am Ende finden wir einen Schlafplatz an einer Tankstelle. Bilanz an diesem Tag: 7 Stunden Fahrzeit für nur 195km. Oh, Roads of Albania….

Gammeln auf Einladung

Freitag, 9.9.16: Wir verlassen Syri i kaltër, nachdem gegen 9 Uhr schon wieder die ersten Besucher eintrudeln. Den freundlichen Morgen nutzen wir, um nochmal einen Versuch auf Meer zu starten. Also zurück zur Küste, und dann folgen wir der SH8 in Richtung Norden.
Die Strasse -ziemlich piccobello ausgebaut- befindet sich nie weit weg vom Meer, aber fast immer in über 100 Metern Höhe, und offenbart dabei tolle Ausblicke auf traumhafte Buchten mit türkisblauem Wasser, die mal über mittlerweile geteerte Strassen, mal nur über Eselpfade zu erreichen sind. 

Wir wagen unseren ersten Versuch bei einer Bucht, die als Kakome Beach ausgeschildert ist. Wir folgen der Strasse, die einigermassen neu geteert relativ kurvenreich zur Bucht abfällt und enden irgendwann – vor einem gigantischen Rolltor samt Security. Fern dahinter: eine traumhafte Bucht, die allerdings nicht mehr zugänglich ist, sondern eine einzige Baustelle für ein „luxury resort“darstellt. Die Baustelle konnte man zwar sehen, auch die zig halbfertigen Gebäude, nicht aber, dass noch irgendwelche Bauarbeiten im Gange wären. Wie wir zwischenzeitlich erfahren haben, handelt es sich hierbei wohl auch eher um ein Geldwäscheprojekt und Stützpunkt für Drogenschmuggelboote unter Beteiligung bekannter Mafia-Grössen mit voller Kenntnis des Staats. Auch das ist Albanien.
Also umdrehen und nächster Anlauf in der Bucht von Lukovë. Hier finden wir einen tollen Strand mit herrlichem Wasser und verweilen ein wenig. Direkt hinterm Strand weiden die Kühe, die sogar im Müll der Strandrestaurants grasen.
A propos Müll: der ist bisher leider allgegenwärtig. Sei es in jeder Schlucht neben der Strasse oder hier direkt am Strand – überall liegt er rum. Fast schlimmer als in Marokko. Ein echtes Drama. Wir suchen zwar immer brav Mülltonnen, wissen aber genausogut, dass das eh für die Katz ist. Wir sind zu deutsch.

Am Nachmittag wieder Aufbruch, unser Tagesziel soll Himarë heissen. Also zurück auf die Hauptstrasse, von der wir kurz hinter Lukovë Ausblick auf den mittlerweile  verlassenen U-Boot-Stützpunkt erhaschen, mit seinem Riesentunnel im Wasser in den Berg geschlagen, um die U-Boote zu berbergen. Geschichte wurde hier zweimal geschrieben. Einmal, als hier beim Bruch Albaniens mit der UdSSR sowjetische U-Boote versenkt wurden. Dann, als bei den Lotterieaufständen 1997 hier die Zivilbevölkerung in Folge des kompletten Zusammenbruchs der staatlichen Ordnung die Waffenlager des Militärs plünderte. Seitdem dürfte vermutlich jeder Haushalt im Süden Albaniens über eine Kalaschnikow verfügen.

Irgendwann am Nachmittag erreichen wir Himarë, den Ort von dem man sagt, nirgends sei das Wasser blauer als hier. Wir fahren einmal durch den Ort, finden aber keine brauchbare Möglichkeit, uns mit dem Laster für die Nacht zu postieren. Also nochmal umdrehen, und am südlichen Ortseingang rechts in eine Schotterstrasse eingebogen, die aber gleich hinter Schilf wieder in Asphalt übergeht. Hier gibt es nur noch kleine Hotels und Gästezimmer – und üppig Parkraum direkt am Strand. Ist doch perfekt!
Wir wollen schon parken, blökt ein älterer Herr auf dem Moped irgendwas auf Albanisch zu uns. Wir dann alle Sprachen durchprobiert, Griechisch hat funktioniert. Der Mann stellt sich vor als Tassos, der Besitzer des Hotel Likoka, und wir können ohne Probleme direkt vor seinem Hotel parken und von ihm Strom und Wasser haben. Oh, ok!
Wir erfahren, dass die Bewohner von Himarë bis heute überwiegend Griechen sind, wie vor 1000 Jahren. Wir werden von Tassos und seiner Frau erstmal zu Bier und Raki eingeladen, es wird viel geredet. Tassos hat einen ganzen Hof voller Tiere. Enten, Hühner, Gänse, Hund mit Welpen und Aale die er alle voller Stolz zeigt. Der vor dem Haus angelegte Kreisverkehr wird als Garten zweckentfremdet.

Irgendwann war gar nicht mehr die Rede davon, nur vor seinem Hotel zu parken, sondern uns wurde ein Zimmer angeboten, als Gäste, kostenlos natürlich. Wow. Unser Hinweis, dass wir unser eigenes Bett doch dabei haben wird beseite gewischt. „Nein nein, kommt nicht in Frage, Ihr seid unsere Gäste, Ihr geniesst unsere Gastfreundschaft.“ Nochmal: Oh. Ok.
Wir fragen Tassos, wo wir noch etwas zu Abendessen einkaufen können. Als geklärt ist, dass wir Lust auf Fisch haben wirft Tassos einen Blick über die Bucht und sagt, „da ist gerade ein Boot gekommen“ und fährt mit Alex auf dem Moped in den kleinen Hafen, wo direkt vom Schiff ein Kilo Garnelen und ein 4 Kilo Seehecht gekauft werden. Tassos‘ Frau Sonia bereitet beides an diesem Abend mit viel Liebe zu. Der Tisch biegt sich und wir geniessen ein sehr feines und gemütliches Abendessen zu viert.

Am nächsten Morgen gibt es erstmal reichhaltigstes Frühstück mit Mokka, Würstchen, Ei und Schafskäse. Es fehlt an nichts und wir kommen uns vor als gehören wir schon zur Familie. Danach: Strandgang. Das Wasser ist zwar im Vergleich zu Ksamil und Lukovë wegen kalter Strömungen sackkalt. Dafür aber wirklich kristallklar. Bei Schnorcheln tut sich unter Wasser eine Fernsicht auf wie man sie aus dem Mittelmeer nicht kennt.

Mitragessen heißt: um 16h wird zu Tisch gerufen. Es gibt ein üppiges Mittagessen. Ächz. Schnauf. Pappsatt von Kartoffeln un Rindfleisch. Und natürlich braucht es irgendwann weit nach 9: ein abermals üppiges Abendessen. Was ein Mastprogramm. Wir können kaum mehr geradeaus laufen. Aber es sterben Leute bekanntlich am Hunger, nicht am Essen. Das sagt zumindest die Griechisch albanische Weisheit.
Am nächsten Morgen und nach zwei Nächten dann Aufbruch. Nicht ohne herzliche Verabschiedung und nicht ohne die dringende Bitte, nächstes Jahr wiederzukommen, dann aber bitte mit Baby und für viel längere Zeit. Aber gerne doch! 

Das Hotel Likoka verfügt über Zimmer mit Meerblick, Bad mit Dusche und Toilette. Die Zimmer sind zweckmäßig eingerichtet, zum Strand braucht es 10 Meter = einmal um die Terrasse rum.

Mal wieder abgesoffen

DIE Nacht von Montag auf Dienstag: einschlafen fast unmöglich, weil um 1 Uhr nachts immer noch 28 Grad in der Hütte sind. Irgendwann aus Schlaflosigkeit mal aufgestanden und da ist in der Ferne der Himmel schon hell durch Blitze erleuchtet. Oha. Da zieht wohl was auf.
Innerhalb einer halben Stunde bricht über uns eines der schlimmsten Gewitter herein, das wir je erlebt haben. Es blitzt und donnert als hätte das Himmelvaterl höchstpersönlich den Untergang bestellt. Stundenlang ist es hellster Tag. Es donnert, dass uns halb die Ohren wegfliegen. Auf dem Campingplatz bilden sich überall Sturzbäche, das Ufer bricht teilweise weg, den Stellplatznachbarn spült es fast das Zelt weg.
Selbst durch unser bisher völlig dichtes Oberlicht tropft es mittlerweile. Och neeee. Wir stellen in bewährter Manier Schüsseln auf. Tropf. Tropf. Na bravo. Nahezu 5 Stunden ist der Teufel los.

Und der Regen hört auf: gar nicht mehr. Es regnet den ganzen Dienstag bei 21 Grad ununterbrochen, derweil zu Hause in München bei 26 Grad die Sonne scheint. Kannste Dir nicht ausdenken.
Deshalb: Abfahrt nach Albanien verschoben. Dann eben Gammeltag bei Regen. Kennen wir ja noch aus Fes. Räumen wir halt unser Equpment mal von rechts nach links und wieder zurück. Schlauerweise haben wir unsere Bestuhlung draußen gelassen. Aber selbst unters Wiggerl stellen schützt vor Strafe nicht. Unsere Aussendusche bewährt sich.

Am Dienstag abend lernen wir Edi und Bernie aus Tirol kennen, mit denen wir einen lustigen Abend verbringen und am Mittwoch morgen die Reise gemeinsam Richtung Albanien fortsetzen.
Keine 10 km weiter verlieren wir uns schon beim Anhalten zum Zigaretten kaufen in Igoumenitsa. Wir fahren also erstmal weiter zum Grenzübergang Qafe Bote, bunkern im Duty Free noch üppig Zigaretten und sind innerhalb von 5 Minuten eingereist.

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Von Igoumenitsa nach Qafë Botë

Wir beschliessen, hier noch etwas zu warten und vertilgen erstmal einen leckeren Sandwich, derweil sich Kathrin einen kapitalen Wespenstich am Ellenbogen einfängt. Autsch! Fliegende Bestien.

Nach 45 Minuten kommen auch die Tiroler an die Grenze, und wir setzen den Weg gemeinsam fort nach Butrint, inklusive erstem Pistenausflug.

Die Besichtigung des antiken Butrint schaffen wir wie zu erwarten war nicht in den selbstgesteckten 25 Minuten, viel zu gross, weitläufig und sehenswert ist das Gelände mit den Ausgrabungen.

Danach Aufbruch nach Ksamil, wo wir endlich Strand erwarten. Im durchaus lauschigen Ksamil, das nicht viel anders aussieht als griechische Badeorte am Ionischen Meer, Suche nach einem Campingplatz. Und wir landen nach Matschpiste mitten im Wohngebiet im Innenhof der netten Gastwirte, drei Minuten vom Strand weg. Perfekt. So geniessen wir den ersten Strandtag. Am Abend: Essen irgendwo in einem Strandrestaurant. Der Kellner ist sichtlich überfordert mit uns als einzigen Gästen an diesem Abend, aber absolut bemüht. Hat am Ende eigentlich auch fast alles gepasst, abgesehen davon, dass Kathrins Lamm erst kam, als alle anderen schon eine halbe Stunde lang mit Essen fertig waren. Nunja. Man sieht darüber hinweg…

Den Abend lassen wir gemütlich ausklingen. Am Donnerstag morgen – es hat die ganze Nacht durchgeregt. Mal wieder.  Und wir hatten uns doch so gemütlich aufgebaut, mit Markise und allem. Kathrin schon wach und sagt: „Du, ich glaube wir müssen mal die Markise ausleeren.“ Alex schält sich also langsam aus dem Bett, und schon tut es draussen einen gehörigen Schlag. Wir waren also zu langsam. Unter den Wassermassen die in der Markise lagen ist der Stützfuss komplett weggebogen. Scheisse. Also erstmal im strömenden Regen halbwegs wieder aufgestellt. Da müssen wir wohl nach Ersatz suchen, denn so wie es das Teil verbogen hat rückt sich nix mehr gerade.
Dann wird beratschlagt: wie jetzt weiter? Der Regen hört zwar zwischenzeitlich auf, aber der Himmel bleibt so schwarz wie ein Nachmittag im November.
Der Entschluss fällt schnell: weg, weg, weeeeeg hier.

Die Repara-Tour

Samstag, 3.9.16: Den Steyr hatten wir zwar schon am Vorabend komplett abfahrbereit gemacht, trotzdem kommen wir mal wieder so gar nicht zu Potte an diesem Morgen, es ist weit nach 10 bis wir endlich mal auf der A8 nach Süden davonrollen. Aber ein richtiges Tagesziel haben wir ja eh nicht, dafür aber perfektes Reisewetter mit Sonne. Also erstmal:  Kurs Kiefersfelden. Und weil die Sonne so schön scheint, wir es ohnehin nicht eilig haben, Österreichs Autobahnen für unseren Steyr mit Euro 0 aber ein halbes Vermögen kosten entscheiden wir uns für den langsameren, aber schöneren und günstigeren Weg über Kufstein und Felbertauern in Richtung Toblach ins Südtirol. Und justament fängt wieder das Kupplungspedal das Zicken an. Na toll.
Eigentlich hatte eine Feldkirchner Fachwerkstatt vor ein paar Wochen den Auftrag, genau das zu lösen. Repariert wurden am Ende viele andere Sachen, aber der Aussage „die Kupplung musste nur entlüftet werden“ war schon da nicht zu trauen. Also erstmal weiter Richtung Cortina,  kleine Mittagspause einlegen, und zwischenzeitlich lösen ein paar beherzte Tritte auf die Kupplung das Problem. Irgendwann erreichen wir die Autobahn nach Venedig, und hinter Venedig geht es auf die Landstrasse nach Ravenna. Kerzengerade, wie mit dem Lineal gezogen, führt die Strasse durch eine der langweiligsten Landschaften Europas. Brettflach, und links und rechts der Strasse immer wieder im Verfall begriffene Restaurants, Hotels, sonst irgendwas. Wir denken uns: guter Vorgeschmack auf Albanien.

Leider fängt das Kupplungspedal jetzt so richtig die Marotte an. Jetzt hängt es bereits sehr früh. Die Kupplung schliesst und trennt zwar noch richtig, dafür bleibt jetzt noch ca. 2cm Kupplungsweg zwischen komplett ausgkuppelt und komplett eingekuppelt. Gefühlvolles einkuppeln ist nun endgültig nicht mehr möglich. Immer wieder beim schalten: rumms. Aua.
Es ist schon weit nach 19 Uhr als wir beschliessen, die Tagesetappe langsam zu beenden. Wir steuern Goro an, finden einen prima zentrumsnahen Parkplatz, auf dem wir nächtigen können und ein paar Meter weiter eine Pizzeria. Ein guter Tagesabschluss an einem unfassbar klebrig schwülen Abend. Und innerhalb von Minuten von Schnaken zerstochen.

Am nächsten Morgen: zeitiger Aufbruch, die Kupplung wurde über Nacht leider nicht besser. Dann in Cesena der Versuch, auf die Autobahn zu kommen. Wir stehen schon in der Mautstelle, nur ein Ticket will der Automat nicht ausspucken. Hm. Zefix. Also Rufknopf gedrückt. Rührt sich keiner. Nochmal Rufknopf. Irgendwann aus der Blechdose: 

„Pronto?“

 Ja hier, nix biglietto. 

Keine Antwort. 

Dafür öffnet sich die Schranke. Na toll. Also ohne Ticket auf die Autobahn drauf. Aber gut, Autobahnabfahrt Rimini muss ein Punto Blu sein, also dort wieder runter. Punto Blu: natürlich chiuso, weil domenica. Als wären Mautprobleme auf Werktage beschränkt. Und nu?

Na fahren wir doch mal zum Mauthäuschen wo noch ein guter alter Kassierer seinen Dienst verrichtet. Diesem radebrecht italienisch erklärt, warum wir kein biglietto haben. Kassierer leicht angenervt, verschwindet dann kurz, kommt irgendwann zurück, kassiert keine 3 Euro und wir ziehen erleichtert von dannen, derweil sich hinter uns eine veritable Schlange gebildet hat.
Also wieder rauf auf die Autobahn, diesmal mit Biglietto und mit Tempo 90 nach Ancona, wo wir gegen viertel nach zwei in den Hafen einrollen, also mehr als pünktlich. Eingecheckt, und dann erstmal stundenlang in der prallen Sonne am Kai gestanden. Unsere Minoan Lines Cruise Europa, die eigentlich um 17.30 ablegen sollte, trudelt überhaupt erst gegen 5 ein. Na super. Bis der Kahn entladen ist, was bei aberhunderten LKW und anderen Fahrzeugen ein Spektakel ist, dauert es natürlich ewig.
Irgendwann geht es dann für uns auf die Fähre, und um 19.30 legen wir mit zwei Stunden Verspätung ab. Wenigstens ist auf dem Schiff etwas geboten, anders als auf dem Kahn von Marokko zurück.

Gegen Mittag erreichen wir Igoumenitsa und rollen nun mit immer noch hängender Kupplung auf griechischen Strassen. So geht das nicht. Also definitiv eine LKW-Werkstatt suchen was sich als gar nicht so einfach erweist. Irgendwann werden wir fündig. Aber wenigstens haben wir die Ersatzteile aus guten Gründen im Bordvorrat dabei. Innerhalb einer Stunde werden die beiden Zylinder getauscht. Problem erledigt. 

Weil es uns aber mittlerweile zu spät ist, noch nach Albanien weiterzufahren beschliessen wir, hier heute noch zu übernachten. Weil es aber leider unmöglich ist, irgendwo einen schönen Stellplatz zu finden wo man ans Meer kommt, landen wir auf dem Camping Eleni 8km südlich von Igoumenitsa. Stellplatz unter Bäumen direkt am Wasser. Toll. So kann der Urlaub Anfangen. Eventuell. Wäre da nicht die Wetterkomponente.