So schnell vergeht die Zeit. Seit zwei Wochen auf Tour, was für diese Ecke Europas ohnehin viel zu wenig ist. Alleine hier auf dem hervorragenden Campingplatz Lake Shkodra hätten wir mühelos noch mehrere Tage vergammeln können.
Aber wie so oft: hilft halt nix. Der Alltag ruft bald wieder. Vor allem weil wir uns für den Rückweg ja doch auch etwas Zeit nehmen wollen, vor uns liegen knapp 1.500km entlang der Küste Dalmatiens.
Und wir kommen los an diesem morgen: mal wieder so gar nicht. Ewiges rumtrödeln und absolute Heimreiseunlust sorgen dafür, dass wir erst nach 11 Uhr überhaupt mal vom Campingplatz runterrollen. Gegen 12 erreichen wir dann den Grenzübergang Han i Hotit, wo wir nach kurzer und harmloser Abfertigung ein paar Minuten später bereits auf montenegrinischem Asphalt rollen.
Next Stop: Budva. Hier waren wir das letzte mal 2011, und wir sind unglaublich gespannt, wie es hier heute ausschaut. Und so rollen wir durch die Berge Montenegros bis wir wieder das Meer erreichen. Den ersten kurzen Abstecher machen wir nach Rafailovici wo wir damals waren. Und wir sind einigermaßen sprachlos.
Was damals noch eine einigermaßen beschauliche Bucht war ist mittlerweile bis in den letzten Winkel bebaut, Hotels noch und nöcher, und angesichts der allgegenwärtigen russisschsprachigen Reklame ist die Zielgruppe auch relativ schnell klar.
Wir halten uns gar nicht groß auf und fahren weiter nach Budva, vorbei am neugebauten Dukley Garden, der neue Millionaire’s Playground von Montenegro. Mittlerweile strahlt hier alles ein bisschen Casino Royale-Atmosphäre aus.
In Budva nehmen wir uns jedenfalls Zeit für einen ausgiebigen Spaziergang entlang der Flaniermeile an der Marina, trinken einen schönen einheimischen Roten und denken uns, hach, so könnte Urlaub ewig sein.
Irgendwann fahren wir widerwillig doch weiter, und als wir die Bucht von Kotor erreichen müssen wir uns entscheiden: den Shortcut mit der Fähre nehmen oder auf der Straße um die Bucht herum?
Wir denken uns noch: Shortcuts sind Gehetzte. Also außenrum. Gab ja auch nicht wirklich eine Gewichts- oder Größenbegrenzung oder ähnliches. Nunja, jedenfalls hat es nicht lange gedauert bis wir uns dachten: irgendwie hatten wir die Straße doch nicht ganz so schmal in Erinnerung….
Also landschaftlich war die Strecke bestimmt toll. Dafür können wir jetzt Wiggerl auf Millimeter genau zwischen Gegenverkehr und Hausfassaden durchmanövrieren….
Irgendwann schon in der Abenddämmerung erreichen wir die Grenze nach Kroatien, sind innerhalb von 15 Minuten durch und entscheiden, gar nicht mehr weiterzufahren, sondern steuern den ersten Ort hinter der Grenze direkt am Meer an: Molunat. Wir rollen also die enge und steile Straße in den kleinen Ort hinab und sind dort natürlich erstmal Hingucker. Wir erreichen einen kleinen Stellplatz in einem Innenhof, wo ein paar andere Womos stehen. Ein älterer Brandenburger macht sich gleich dran, uns rückwärts in die enge Angelegenheit einzuweisen, und ruckzuck sind wir belagert. Woher, wohin, was für ein Fahrzeug, blablabla. Irgendwie lustig.
Wir gehen zur Abwechslung an diesem Abend mal wieder richtig gepflegt essen. Fischplatte muss einfach sein. Und Molunat ist ein richtig nettes ruhiges Örtchen. Gefällt uns hier.
Am nächsten Tag dann wieder: nordwärts. Immer hart am Meer auf der alten Küstenmagistrale fahren wir an einer der schönsten Küstenstrecken Europas. Dubrovnik müssen wir leider links liegen lassen – verdammter Zeitmangel.
Irgendwann erreichen wir die unvermeidbare Grenze für 10km Bosnien-Herzegowina. Selbst wenn in Neum ja auch nur kroatische Flaggen wehen. Da über diese Grenze auch so ziemlich alles rollt, was zwischen Dubrovnik und dem Rest Koratiens verkehrt ist hier am Grenzübergang auch mal Stau angesagt, und wir rollen in der PKW-Schlange (wie bisher an allen Grenzen) langsam an den Schlagbaum. Dann Passkontrolle, Alex steigt mit den Pässen aus, und zum ersten mal geht der Zirkus los.
- Zöllner: „Kamion!“ Und verweist in die LKW -Schlange.
- Alex: „Ali to nije kamion, to su kamper!“ Das ist ein verdammtes Wohnmobil und kein LKW!
- Zöllner: „Kamion!!“
- Alex: „Ajde, nije kamion!“
- Zöllner: „Kamion!“
- Alex: „Ajdeeeeee…. i šta sad?“ Und nun?
Zum Glück war hier der Punkt erreicht, an dem es dem Zöllner selbst zu blöd wurde. Unter wüsten Flüchen stempelt er die Pässe und am Ende rollen wir trotzdem nach Bosnien rein.
Pünktlich zur Mittagszeit rollen wir nach Neum rein, was zweierlei heisst. Essen fassen, und zwar Gegrilltes. Und zwar reichlich davon.
Und dann noch Diesel fassen. Ebenfalls reichlich davon. Nirgendwo auf der Strecke wird der Diesel günstiger als hier, wo wir für ziemlich genau einen Euro/Liter beide Tanks sowie den Reservekanister voll machen. Damit kommen wir aber sowas von locker bis nach Hause….
Und ab jetzt geht es mit vollen Tanks wieder nach Kroatien rein, wo wir kurz vor Split dann auch mal die Küstenstrasse verlassen und zumindest temporär auf die Autobahn wechseln, sonst kommen wir ja gar nicht mehr vorwärts.
Hinter Zadar verlassen wir die Autobahn dann aber auch schon wieder und rollen nun die Kvarner Bucht entlang. Hach, könnte man hier teilweise schön stehen bleiben. Aber ist ja leider sowas von verboten in Kroatien. Unterwegs treffen wir ein Ehepaar aus Portugal in einem alten MB100D, die gerade auf Balkantour sind. Respekt, ganz schöne Entfernung…
Jedenfalls werden wir für die letzte Nacht auf Tour nochmal auf einen Campingplatz angewiesen sein. Und so erreichen wir irgendwann am Abend Senj, wo wir auf einem völlig überfüllten und wenig attraktiven CP eintreffen und sofort das Geschau sind von Heinz-Rüdiger aus Hintertupfing und Karl-Arsch aus Wanne-Eickel, deren Tupperidylle wir nun sichtlich zu stören scheinen mit 12-Tonnen-Allrad in der Euro-Null-Ausführung. Wenigstens treffen wir die Portugiesen wieder, mit denen wir den Abend vor ihrem Benz verbringen, uns köstlich amüsieren und wir auf kulinarische Reise nach Portugal gehen. Die beiden haben so ziemlich alles aus Portugal mitgebracht: Käse, Wurst, Weisswein, Rotwein, Portwein, und alles müssen wir probieren.
Es ist vielleicht kurz nach zehn, als Karl-Arsch aus Wanne-Eickel um den Benz schleicht, einen Blick auf das portugiesische Nummernschild wirft und sodann zu seiner Hilde rübermosert „Das sind Polen, kein Wunder, dass die so einen Krach machen!“.
Endlich wissen wir wieder, warum wir niemals Wohnmobil-Urlaub in Heimatnähe machen wollten.
Nächster morgen, 19.9., letzter Reisetag, und wir können es am Morgen gar nicht abwarten, dieses Schrebergartengrauen zu verlassen. Weg, weg, weeeeg hier.
Unser Durchschnittstempo steigt nun, ab Rijeka geht es auf der Schnellstraße in Richtung Slowenien, das wir aber unter weitgehender Vermdeidung der unverschämt teuren Autobahnen (10 Euro für weniger als 15km. Respekt. So dreist langen nicht einmal unsere südlichen Nachbarn zu.) durchs schöne Soča–Tal durchqueren und über den Predil-Pass nach Italien fahren.
Wir gönnen uns noch einen kurzen Aufenthalt mit einem letzten mediterranen Essen und Wein in Tarvisio und nehmen dann den Nassfeldpass in Angriff.
Und sobald wir auf österreichischen Straßen rollen denken wir nur: jetzt aber nix wie heim. Und wie immer zieht sich die Strecke heimwärts über Felbertauern und Kitz endlos wie Kaugummi. Irgendwann gegen 23 Uhr rollen wir schon im Sekundenschlaf in München vor die Haustür.
Geschafft. Schön war’s.
Danke Albanien.